Fersensporn | Plantarfaszitiis


Im Alltag werden Schmerzen unter der Fußsohle oft als „Fersensporn” bezeichnet, obwohl der Sporn in den meisten Fällen nicht die Hauptursache der Schmerzen ist. Genauer gesagt handelt es sich meist um eine Plantarfasziitis – eine schmerzhafte Überlastung der Sehnenplatte (Plantarfaszie) im Bereich der Fußsohle. Diese Überlastungsreaktion entsteht durch wiederkehrende, winzige Verletzungen, ähnlich den Sehnenerkrankungen an der Achillessehne und der Patellasehne, was zur Degeneration des Sehnengewebes führt. Obwohl der Name der Erkrankung auf eine Entzündung hindeutet (Endung „-itis” = Entzündung), ist die heutige Ansicht, dass eine entzündliche Komponente bei der Krankheitsentstehung keine wesentliche Rolle spielt. Trotzdem wird der Name aus Gründen der Einfachheit weiterhin verwendet.

 

Anatomie

 

Die Plantarfaszie oder Plantaraponeurose ist eine straffe Sehnenplatte in der Fußsohle, die das Fersenbein (Kalkaneus) mit den sogenannten Zehengrundgelenken (Metatarsophalangealgelenken, MTP-Gelenk) verbindet. Die MTP-Gelenke entstehen zwischen den Mittelfußknochen und den stammnahen Zehenknochen. Die Plantarfaszie beeinflusst das Fußgewölbe wesentlich, indem sie die Verbindung vom Rückfuß über den Mittelfuß zum Vorfuß ist. Sie ermöglicht zum Beispiel das Aufrichten des Längsgewölbes im Zehenstand. Durch diesen Mechanismus kann die Plantarfaszie, obwohl sie selbst wenig flexibel ist, elastische Energie im Gangzyklus speichern und so die dynamische Stabilität der Fußsohle gewährleisten. Biomechanisch betrachtet ist die Plantarfaszie, die Achillessehne und die Wadenmuskulatur als funktionelle Einheit zu sehen. Störungen in einem dieser Bereiche wirken sich dementsprechend auch auf die anderen Bereiche aus.

 

Epidemiologie

 

Die Plantarfasziitis ist eine weitverbreitete Erkrankung, die etwa 10 % der Bevölkerung im Verlauf ihres Lebens betrifft. Es gibt keine geschlechtsspezifischen Unterschiede in Bezug auf die Häufigkeit des Auftretens zwischen Männern und Frauen. Diese Erkrankung tritt vorwiegend bei älteren Menschen und bei Sportlern auf, die Fuß und Plantarfaszie stark belasten, wie beispielsweise Läufer und Feldsportler. Im Gegensatz zu häufigen Darstellungen ist nur bei 50 % der Betroffenen zusätzlich ein unterer (plantarer) Fersensporn nachweisbar.

 

Risikofaktoren 

 

Hier sind die Risikofaktoren für Fußsohlenschmerzen im Überblick:

  • Adipositas
  • Vermindertes Fußgewölbe
  • Überhöhtes Fußgewölbe
  • Verkürzte Wadenmuskulatur
  • Verkürzte Ischiokuralmuskulatur
  • Höheres Lebensalter
  • Stehende Berufe
  • Lauf- und Feldsportarten

Für das Auftreten der sogenannten Plantarfasziitis existieren verschiedene Risikofaktoren. Ein Faktor, der kaum beeinflussbar ist, ist das fortschreitende Alter, das das Risiko erhöht. Die übrigen Risikofaktoren sind im wesentlichen oder zumindest bedingt beeinflussbar. Ein Body-Mass-Index über 30 bedeutet eine erhebliche Mehrbelastung des gesamten Bewegungsapparates. Verkürzte Muskulatur in der Wade oder der hinteren Oberschenkelmuskulatur kann ebenfalls durch regelmäßige Dehnübungen verlängert werden und ist somit ein Angriffspunkt für Therapie und Prävention. Es wurde festgestellt, dass 83 % der Betroffenen verkürzte Wadenmuskulatur aufweisen.

Bei abgeflachten Längsgewölbe sollte ein gezieltes Fußmuskeltraining zur Aufrichtung des Fußgewölbes durchgeführt werden. Dies kann durch eine optimierte Schuh- und Einlagenversorgung unterstützt und verbessert werden. Das gleiche gilt für ein überhöhtes Fußgewölbe, das von Natur aus zu einer erhöhten Spannung in der Plantarfaszie führt und somit ein Risikofaktor für die Entstehung der Plantarfasziitis ist. Veränderte Fußanatomie sind also unterstützbare und beeinflussbare Risikofaktoren, jedoch können sie meist nicht vollständig behoben werden.

Das Aktivitätsprofil des einzelnen Patienten hat ebenfalls einen wichtigen Einfluss auf die orthopädische Gesundheit. Berufe mit hauptsächlich stehender Tätigkeit, wie zum Beispiel Verkäufer im Einzelhandel, können auf Dauer durch die fehlende Dynamik eine Verkürzung der Plantarfaszie begünstigen und eine Plantarfasziitis mitbedingen. Leider birgt auch der Laufsport aufgrund seiner monotonen Belastung ein erhöhtes Risiko. Dies untermauert die These, dass die Erkrankung durch ständig wiederkehrende kleinste Verletzungen (Mikrotraumata) und somit durch erhöhten biomechanischen Stress verursacht wird, nicht durch eine akute Entzündung.

 

Beschwerden

 

Typischerweise klagen Patienten über morgendliche Schmerzen, die bei den ersten Schritten am intensivsten sind. Vor dem Aufstehen dehnen sie häufig eigenständig und instinktiv ihre Fußsohle, um die Beschwerden beim ersten Aufstehen zu mildern. Im Verlauf des Tages nehmen die Schmerzen durch Bewegung ab. Nach längeren Ruhephasen tritt eine ähnliche Situation wie morgens auf, und die klassischen Anlaufschmerzen, vergleichbar mit denen bei Achillessehnenschmerzen, kehren zurück. Mit zunehmender Belastung verstärken sich auch die Beschwerden. In fortgeschrittenen Stadien kann selbst das normale Gehen zeitweise unmöglich werden. Es ist nicht ungewöhnlich, dass betroffene Patienten zusätzlich über Probleme mit der Wadenmuskulatur oder den Achillessehnen berichten oder solche in der Vergangenheit hatten.

 

Stadien und Verlauf

 

Eine Kategorisierung in Stadien wird in der Literatur nicht verwendet. Ähnlich wie bei Erkrankungen der Achillessehne kann das Ausmaß der Degeneration der Plantarfaszie durch Ultraschall beurteilt werden, wobei beispielsweise der Grad der Gefäßneubildung festgestellt werden kann. Dies ermöglicht die Objektivierung der Krankheit und die Überwachung des Therapieerfolgs. Es ist jedoch nicht möglich, daraus Rückschlüsse auf den Schweregrad der Beschwerden zu ziehen.

 

Diagnostik und Bildgebung

 

Die Diagnose einer Plantarfasziitis erfolgt in der Regel nach einer gründlichen Anamnese und klinischen Untersuchung. Direkt im Anschluss erfolgt eine Ultraschalluntersuchung, bei der auch die Achillessehnen auf beiden Seiten einbezogen werden sollten. Plantarfaszien, Achillessehnen und Wadenmuskulatur bilden eine funktionelle Einheit und sollten daher nie isoliert betrachtet werden.

Röntgenbilder werden häufig als Teil der Standarddiagnostik genutzt. In belasteten Aufnahmen im Stehen liefern sie zusätzliche Informationen zur knöchernen Anatomie des Fußes, sind jedoch nicht zwingend erforderlich für die Diagnosestellung.

Eine MRT-Untersuchung kann eventuelle krankhafte Veränderungen sicher nachweisen, bietet jedoch oft keine zusätzlichen Erkenntnisse im Vergleich zur klinischen Untersuchung und dem Ultraschall der Fußsohle. Bei Verdacht auf relevante Risse der Plantarfaszie kann eine MRT-Untersuchung jedoch weitere Informationen liefern. Eine Bewegungsanalyse ist ebenfalls Teil der umfassenden Untersuchung. Hier können falsche Bewegungskoordination, muskuläre Schwächen und Ungleichheiten aufgedeckt werden, die für das geschulte Auge allein oft nicht ohne weiteres erkennbar sind. Bei Sportlern sollten auch immer die Laufschuhe und gegebenenfalls Einlagen überprüft werden. Dabei wird das Abnutzungsmuster sowie die Art des Schuhs (mediale Stütze, Fersensprengung, Flexibilität der Sohle, Weichbettung) beurteilt, um festzustellen, ob der Schuh für den Patienten mit der Verletzung geeignet ist oder sogar kontraproduktiv für die Genesung sein könnte.

 

Therapie

 

Die Therapie der Plantarfasziitis erfolgt konservativ, also durch nicht operative Maßnahmen. Als einfache Erstmaßnahme sollte in der Akutphase das Barfußlaufen auf hartem Untergrund vermieden werden. Zunächst kann mittels passiver Maßnahmen physiotherapeutisch versucht werden, die Spannung der Plantarfaszie mittels Mobilisationstechniken der Manuellen Therapie und passiven Dehnungstechniken zu reduzieren. Geeignete Übungen zur Dehnung und Mobilisation sollten vom Patienten erlernt und zu Hause fortgeführt werden. Die Therapie beinhaltet:

  • Faszien-Stretching und exzentrisches Muskeltraining der Fußsohle und der Wadenmuskulatur. Faszientraining erhält die Elastizität der Muskeln, Sehnen und Faszien. Präventiv eingesetzt, vermag es in vielen Fällen das Auftreten von Schmerzen zu verhindern beziehungsweise die Progression zu stoppen.
  • Funktionelles Fuß- und Beinachsentraining – speziell Anti-Knickfußübungen.

Schuhe- und Einlagentechnik:

Zu den First-Line Therapie Empfehlungen gehören weiche und druckverteilende Einlagen sowie superweiche Schuhsohlen. Dies ist ein «Muss». Hierfür empfehle ich die superweichen Kybun Schuhe. Schuheinlagen werden individuell gefertigt. Dort können Hohllegungen des kompletten Faszienbündels und Fersenfassungen verbaut werden. Auch alleinige punktförmige Weichbettungen werden oftmals untergelegt.

 

Konservative ärztliche Therapie:

Zur Schmerzlinderung werden sowohl entzündungshemmende und abschwellende Salben oder Tabletten, sogenannte Antiphlogistika, eingesetzt. Zusätzlich kommen effektive Verfahren wie die Extrakorporelle Stoßwelle (Beschwerdebesserung in 70 % der Fälle) und Eigenblutinjektion (=ACP Injektionen, Autologes conditioniertes Plasma) zum Einsatz. Dabei werden gute Ergebnisse erzielt. Die Eigenblut-Injektionstherapie wird typischerweise als Serie mit 3 Injektionen durchgeführt. Bei den Injektions-/Infiltrationstherapien gibt es unterschiedliche Präparate welche zum Einsatz kommen. Die Wahl des Präparates, sowie die Vorgehensweise in der konservativen Therapie ist in Abhängigkeit des Arztes. Das bekannteste Präparat ist das Cortison. Der Nutzen von Cortison-Infiltrationen ist erwiesen. Es gibt jedoch unterschiedliche Meinungen bzgl. der Infiltration von Cortison. Einige Ärzte raten aufgrund der möglichen Nebenwirkungen dringen davon ab (Riss der Plantarfaszie, Degeneration des Fettpolsters auf der Fußsohlenseite). Es gibt aber auch fußchirurgische Abteilungen in welchen die lokale Injektion mit Cortikoiden durchgeführt wird. Eine vielversprechende, neue Behandlungsmethode für die Plantarfaszitiis/Fersensporn ist die Injektion von Botulinumtoxin. Botulinumtoxin hat - neben den bekannten Effekten auf die Muskelspannung - zusätzlich schmerzlindernde und entzündungshemmende Effekte. Diese Wirkungen rücken das Botulinumtoxin mehr und mehr in den Blickpunkt der Orthopäden. Führen jegliche oben genannte Maßnahmen nicht zum Erfolg (mindestens 6 Monate intensive Therapie), so kann außerdem eine sogenannte Röntgenreizbestrahlung (Syn: Röntgentiefenbestrahlung) zum Einsatz kommen. Sie ist ungefährlich für den Patienten und kann daher vor einer Operation eingesetzt werden, bevor diese im Raum steht. Es zeigen sich hier Erfolgsraten von etwa 70–80%. Weitere konservative Behandlungsmöglichkeiten sind Akupunktur, Matrix-Rhythmus Therapie, Laser-Therapie und der Einsatz eines Fersomed. Der Nutzen dieser Maßnahmen ist wissenschaftlich jedoch nicht erwiesen.

 

Operative Therapie

Die operative Therapie sollte in absoluten Ausnahmefällen und Therapieversagern vorbehalten bleiben. Erst nach mindestens zwei Jahren intensiver konservativer Therapie, sollte eine operative Strategie in Erwägung gezogen werden. Dabei wird die Plantarfaszie chirurgisch eingekerbt und dadurch die Spannung der Faszie reduziert. Bei zusätzlichem Vorliegen eines plantaren Fersensporns ist dessen simultane Entfernung möglich. Bezüglich der Sinnhaftigkeit dieses Unterfangens sind sich die Experten uneinig, denn ein Zusammenhang zwischen Fersensporn und Beschwerden konnte bisher nicht hergestellt werden. 

 

Prognose

 

Die Aussichten für Patienten mit Plantarfasziitis sind positiv. Bei über 90% der Betroffenen kann durch nicht-operative Maßnahmen eine deutliche Besserung der Beschwerden erzielt werden. Chirurgische Eingriffe bei komplizierten Verläufen bleiben äußerst selten und sind die absolute Ausnahme.